16.06.2016
Hinein ins Niemandsland, und hoch auf den Pass, vorbei am Grenzmarker „Kyrgystan“!
Und fast punktgenau dort beginnt die Landschaft sich zu wandeln. War bisher alles karg, wird es nun plötzlich grün, richtig grün, eine Farbe von der man schon fast vergessen hatte, dass sie in weiten Teilen der Erde die dominierende in der Natur ist. Eine Wohltat für die Augen.
Hatte ich erwähnt, dass es hier alles etwas großzügiger dimensioniert ist? So beträgt der Abstand der beiden Grenzposten geschlagene 30km. Den Kirgisen war es oben auf dem Pass wohl schlicht zu kalt. So ist deren, moderner ausgestattete Grenzstation, schon eine halbe Stunde Fahrt nach der Ausreise aus Tadschikistan erreicht.
Hier scheint alles etwas formeller. Liefen die tadschikischen Grenzer zum Teil in Plastelatschen herum, ist hier die Uniform komplett und das MG geschultert. Trotzdem geht die Passkontrolle fix. Was etwas länger dauert, ist ein andere Teil der hiesigen Formalitäten: die Rauschgiftanalyse. Hat man nicht gerade gelesen, dass ein Großteil der tadschikischen Nationaleinkommens von eben dieser Quelle, in Zusammenarbeit mit Nachbar Afghanistan begründet ist? Scheint also was dran zu sein.
Aber wir bestehen die feine Hundenase und dürfen passieren, welcome to Kyrgystan!

hinein in eine saftige Wiesenlandschaft, in der, es erscheint wie in einem Film, plötzlich das Nomandenleben inszeniert wird. Keine fünf Kilometer hinter den Grenzkontrollen tauchen die ersten Jurten auf und rings rum grasen Pferde, Schafe und Ziegen während die Hirten beritten daher kommen. Auf den folgenden 25 Kilometer treffen wir mindestens drei Herden, aber kein einziges Auto. Kann das noch die Realität im Jahre 2016 sein?
Und noch eine martialische Kontrolle mit Maschinengewehren und zum Teil maskierten Soldaten, die Grenzvorkontrolle. Die „heile Welt“ will gut geschützt sein, auch in Kirgisien scheint man das Säbelrasseln zu beherrschen.

Aber entgegen ihren martialischen Aussehen sind die Soldaten lustig drauf, haben sogar ein paar Scherze auf japanisch für meine weiblichen Mitglieder der Kompanie im Repertoire. Und dann war es da, Sary Tash, das erste Dorf in Kirgisistan. Traumhaft schick. Ein internationaler Straßenknoten, auf jeder Kirgisienkarte verzeichnet, ist es doch sowohl nach China als auch auf zwei Routen nach Tadschikistan einer der letzte Orte im Land. In Europa wäre es furchtbarer Ort zum leben, hier kann man es aber durchaus zwei Tage hier aushalten. So trennt sich hier unser Reisekollektiv. Kita und Thomas bleiben hier, Yu und Manna fahren weiter, durch die Nacht nach Osch.
Im „Hotel“ hat man noch einen Raum, es ist wohl mehr ein privates Wohnzimmer als ein Hotelraum für uns bereitet, im Restaurant gibt es schon wieder bekannte Gesichter, zwei Niederländer, natürlich unterwegs mit einem Caravan, wo hatte wir die doch gleich zum letzten Mal gesehen? Die Familie wird langsam unübersichtlich.
17.06.2016
Kita liegt danieder, Hexenschuss. Vielleicht auch Reizüberflutung nach den tadschikischen und nun kirgisischen Eindrücken? So bleiben wir beide erstmal im Ort und verlängern unser Quartier noch eine zweite Nacht. Keine schlechte Entscheidung, ist doch Sary Tash idyllisch zwischen grüne „Hügel“ eingebettet während in der Ferne die Schneeriesen grüßen und wird anscheinend hauptsächlich von Schweinen, Kühen und Pferden bewohnt.

Die beiden Straßen sind dagegen vom Fahrzeugverkehr weitestgehend verwaist. Sollte etwa Kirgisistan wirklich noch ein Land sein, in dem die Welt noch in Ordnung ist? Wir werden es herausfinden.

Zum Mittag ein Huhn? Nein, das gibt’s erst nachmittags auf der Speisekarte im Restaurant, wenn der Kohlegrill im Hof angeworfen wurde.
Was macht man sonst noch am Nachmittag? Mal eben einen der grünen Hügel im Ort besteigen und den genialen Rundumblick genießen.

Der ausgewählte „Hügel“ war übrigens 3850m hoch, verrät hinterher die Karte. Hier hat irgendwie alles andere Maßstäbe, Sary Tash selbst liegt schon auf 3100m.

Neben den Vierbeinern bevölkern übrigens mal wieder viele Grünmäntel den Ort, die Lage an mehreren Grenzen hatte ich ja schon erwähnt.

18.06.2016
Kita fühlt sich wieder fitter, so geht es nun gemeinsam hinaus, die „Blümchenwiesen“ draußen würdigen schließlich ist hier Frühling!

Ansonsten gibt’s heute das Huhn heute schon mittags und 30km westlich von Sary Tasch einen Ort Namens Sary Mogol. Und da wollte Kita eigentlich hin, muss sich nun aber schonen und überlässst das Erkunden ihres Ziels also Thomas. Und, um es vorweg zu sagen, der Tipp war goldrichtig. Danke, Kita 🙂

Sary Mogol gilt als der Zugangsort zum Pik Lenin, der 7134m hohe „Eisberg“ ist am weiten Horizont gut sichtbar, wie auch der ganze Alay-Range, zu dem Lenin – und übrigens auch der höhere „Pik Kommunismus“ – seinerzeit der höchste Berg der Sowjetunion – gehört.

Aber letzterer konnte sich irgendwie nicht so gut vermarkten wie Lenin und liegt zudem komplett in Tadschikistan, während Lenin genau auf der Grenze posiert und als „leichter 7000er“ unter den Höhenfetischisten gilt.
Stichwort vermarkten, dafür gibt es – zumindest wenn es um die Bedürfnisse von weniger extremen Touristen geht – in Kirgistan an vielen kleinen Orten eine Vertretung von CBT („Comunity-based Tourism“), die irgendwie mit Hilfe von europäischen Gönnern auf die Beine gestellt wurde und versucht, ein paar Einnahmen für die Kommunen aus dem Tourismus zu genieren. Anders ausgedrückt, ohne CBT gäbe es gar keine touristische Infrastruktur. Und ein bisschen was davon kann schon nicht schaden, muss ja nicht gleich ein richtiges Bett, ein westliches Klo oder gar warmes Wassser sein. Aber keine Angst, diesen Luxuserrungenschaften der westlichen Welt sind in Sary Mogul nicht zu befürchten.

Am CBT-Office werde ich von Dima, der das hier koordiniert, begrüßt. Ich bin derzeit der einzige Tourist in Sary Mogol, dem er mir die handgemalte Wand-Landkarte zeigen kann und der im Guesthous mit vielleicht 10 Schlafplätzen in drei Räumen sich auf dem Fußboden ausbreiten kann.
Der Nachmittag gehört einem kleinen Tal nördlich Sary Mogol, wo eine Jurten hübsch stehen und der nächste Vertreter des örtlichen „Tourismus-Marketings“ direkt seine Dienstleistung demonstriert und offeriert: Reiten. Die Preise scheinen sehr moderat zu sein. Und wenn der Guide auch ausserhalb seiner touristischen Aktivitäten dieses Verkehrsmittel benutzt, ist das schon irgendwie authentisch. Warum eigentlich nicht? Was fehlt ist nur eine Kompanie.

Aber auch das findet sich ein paar Stunden später sind zwei Isrealis, die irgendwie die gleiche Idee haben, eingetroffen. Es kann losgehen, morgen, in die Berge, zu Pferde!