Rishiri

13.09.2016

Rishiri, so ist der Name des winzigen Eilandes was für mich mehr oder weniger nun Japan repräsentiert. Zwei Dinge macht der Tourist auf dieser Insel. Top-Prioriät hat natürlich die Besteigung des Vulkans Rishiifuji, aber dafür kann sich unsere Mannschaft heute nicht begeistern.

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Blick vom Quartier aufs Meer, im Hintergrund die Nachbarinsel Rebun.

Bei der verschrobenen Zeitzone heißt das nämlich spätestens um 6.30Uhr aufbrechen um die Besteigung bis zum Sonnenuntergang um 17.30Uhr zu schaffen. Mit der Argumentation, dass 6.30Uhr ja nichts anderes als 8:30Uhr Sachalin-Zeit ist, die für alle von uns bis gestern galt, gewinne ich aber keine Mehrheit.

Bleibt Option zwei, die Fahrradrunde einmal um den Vulkan auf mehr oder weniger auf Höhe Null. Für die Jugend ist aber selbst das zu sportlich, so dass sich letztlich die, hust, hust,  Junggebliebenen, also Nathalie und Thomas gegen 10Uhr auf den Weg machen, die 60km Insel zu umradeln, während die anderen sich um einen Mietwagen für die gleiche Tour bemühen.

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Vulkan Rishifuji von Ferne.

Da hier alles organisiert ist, geschieht das Radeln zum Teil auf der Straße, zum Teil auf Fahrradwegen. Für mich Premiere als Fahrzeugführer im Linksverkehr. Ist schon komisch, bei entgegenkommenden Fahrzeugen insbesondere in Kurven erwarte ich mehrfach den Zusammenstoß, aber irgendwie scheint auch dieses System durchdacht und funktioniert. Ist ja auch Japan.Das, was wir zu sehen bekommen, passt überhaupt nicht in mein Japanbild: kleine romantische Fischerdörfer, Hölzhäuschen, draußen hängen auf Holzgestellen Algen zum Trocknen, eine ursprüngliche Welt, die irgendwo sein könnte, aber jedenfalls nicht in Japan.

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Wäscheleine, Rishiri-Style. Was hier hängt sind aber keine Unterhosen…

Nunja, aber irgendwie ist es doch auch Japan, überall stehen Lautsprecheranlagen, die vor Tsunamis warnen sollen, die sogar einmal mit einem lauten Ding, dong, dong auf sich aufmerksam machen. Also so ganz weit weg von der Zivilisation ist man in Japan doch nirgends.

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…sondern das „Erntegut“ des Fischers: Algen.

Schreine sind eine japanische Spezialität der hiesigen Religion, sie finden sich immer und überall. Mache sind winzig kleine, andere riesengroß. In der Regel deutet eine große „Toreinfahrt“ auf einen dahinter befindlichen Schrein. Und um die Verwirrung komplett zu machen, sind die meisten, die von der Uferstraße erreichbar sind, als „Temporary Evacuation Route“ ausgewiesen. Das hat einen einfache Grund: die Schreine liegen meist auf einem Hügel.

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Schreine allerorten. Manche sind richtig niedlich, wie dieses Exemplar, ca 1m hoch.

Nach einem Besuch im „Algensupermarkt“, dessen Produkte leider schon tot in Plastetüten auf den Konsumenten warten, findet sich davor die nächste Spezialitätenhändler: der für Seeigel. Diese leben und man darf sie auch in die Hand nehmen versichert der lächelnde Verkäufer. Ob die potentiellen Kunden sich dazu durchringen konnten, ist nicht überliefert.

Wie wärs mit drei Seeigeln zum Abendbrot?
Wie wärs mit vier Seeigeln zum Abendbrot?

Außer mit dem Fahrrad und mit dem Mietwagen kann man die Insel natürlich auch mit dem Bus umrunden. Und so finden sich schließlich am Spiegelfotospot (der Berg spiegelt sich in einem See) neben mehreren Großrestaurants gleich mehrere Busse. Als diese wie auf Befehl verschwinden, sind wir wieder allein und wenig später haben die Restauraurants geschlossen. Bleibt noch eine Stunde Fahrtzeit, teils durch die Nacht ehe wir im Dunkel wieder eintreffen.

Der Abend vergeht mit gemeinsamen Kochen mit Nathalie, dann sitzen wir noch ein wenig zusammen, dabei auch ein 81jähriger(!) Brite, der derzeit in Taiwan lebt und von seinem Abenteuern berichtet. Wahnsinn.

Kurz, so muss Japan!

14.09.2016

Bliebe Ding Nr Zwei auf dieser Insel, das  ist natürlich die Bergbesteigung. Recht bescheidene 1721m misst Mt. Rishifuji, so der bürgerliche Name des Vulkans in Inselmitte. Klingt nicht viel, wird aber trotzdem die anspruchsvollste Bergwanderung der ganzen Reise. Denn auf einer Insel im Meer heißt das mehr oder weniger 3000m Höhenunterschied an einem Tag – will man abends wieder unten sein.

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Rishijuji mal zwei. Da gehts hoch.

Zudem ist die Wettervorhersage heute wieder so wie es sich gehört. Spätestens ab Mittag ist Regen angesagt. Nathalies Enthusiasmus ist ungebrochen, also starten wir.

Und nun merkt man doch, dass wir in Japan sind. Von unsere Hosteleltern wird uns angeboten, Plastetüten mitzunehmen, die genau für unterwegs zu findende Klohäuschen passen sollen. Klingt spannend, wir lehnen trotzdem ab. Am Eingang zum Trail stehen Schuhbürsten mit Wasser bereit, damit man keine fremden Keime mit in den Nationalpark bringt. Direkt daneben steht natürlich wieder ein Dosenautomat, diese Art von Verunreinigung der Natur ist also erlaubt. Aha.

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Schuhwäsche am Trailhead. Yes!

Die erste Stunde hält sich das Wetter noch, dann beginnt der Regen, trotzdem sind einige Bergbesteiger unterwegs und das auch bei offensichtlich bester Laune. Hier kann man sich das Wetter eben nicht aussuchen.

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Die Flora ist wohl ziemlich einmalig hier. Leider bin ich kein Fachmann auf diesem Gebiet. Schick anzugucken war einiges.

Es gibt diverse Zwischenpunkte und sogar eine Berghütte, in der man (im Notfall) auch übernachten könnte.

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In den Wolken.

Oben gilt der meistzitierte Gipfelspruch „Wie Sie sehen sehen Sie nichts!“ Naja nicht ganz, als Gipfelkreuz steht mal wieder ein Schrein bereit.

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Der Gipfelschrein auf 1721m. Grandiose Aussicht nach Rebun , Hokkaido und ist da in der Ferne nicht auch Sachalin…?

Beim Weg nach unten dann doch noch ein zwei Risse in der Wolkendecke, die den Blick nach unten ermöglichen. Nett.

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Blick hinunter aus ungefähr 900m Höhe.

Schon im Dunkeln haben wir den Trailhead nach 12h anstrengender Wanderung wieder erreicht, selten hat ein Kaffeeautomat solche Sehnsuchtsmomente ausgelöst. Yess.

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Das gute an japanischen „Cafés“ ist, dass sie auch nach Feierabend „geöffnet“ haben.

Nathalie ist toll, immer gut drauf, obwohl das Programm heute wirklich ziemlich ambitioniert war, viele würden es als „unmöglich“ bezeichnen.

Eine Zweiergruppe kommt noch nach uns zurück. Wie sich herausstellt handelt es sich um eine Frau, die allein mit ihrem Auto ein paar Monate durch Japan zieht und darin wohnt. Ihr Begleiter war ein lokaler Guide. Schon cool was es so alles gibt.


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