08.10.2016
00:05Uhr: pünktlich läuft Zug 73 in den ukrainischen Grenzbahnhof Kutur Nobur ein, nachdem er einigen Minuten vorher und damit korrekt im Sinne des am 7.10. auslaufenden russischen Visums Russland verlassen hat. Strike! Damit ist das punktgenaue Planungswerk, das ich seit der Ausreise aus Japan hatte, erfolgreich abgeschlossen! Auf den Fahrplan der Eisenbahn kann man sich eben verlassen. Egon Olson wäre stolz auf mich!

In Kiew ist der Zug dafür viel zu früh, Ankunft 5.03Uhr. So heißt es mal wieder am Morgen ein paar Stunden totschlagen, aber das große M hat ja schon geöffnet und ich meine nicht das was für die Metro steht.

Endlos viele Hostels werben rings um den Bahnhof, eine billiger als die nächste. Irgendwie abschreckend. Und so finde ich mich irgendwann in einem „richtigen“ Hotel wieder. Nach über einer Woche Gemeinschaftsreisen im Kupe (das letzte ortsfeste Quartier war am Baikal) darfs auch mal wieder ein Einzelzimmer sein.
Stadtrundgang. Es gibt eine Unterstadt und eine Oberstadt. Den Höhenunterschied kann man u.a. mit einer Standseilbahn überwinden.

Am Maidan, dem berühmt-berüchtigten Platz im Zentrum finden sich die wichtigsten Einrichtungen der Stadt: ein McDonalds und daneben ein Postamt in dem es sowohl Postkarten wie auch Briefmarken gibt. Beides und auch die dazugehörige Infrastruktur ist in der ehemaligen Sowjetunion so gut wie ausgestorben, so wird es auch ein echtes Kunststück, später einen Briefkasten für die beschriebenen Postkarten zu finden.
Auf der Prachtstraße steht heute der Mensch im Mittelpunkt, will heißen, sie ist gesperrt – der Kiew Marathon wird vorbereitet – und so kann man in der Mitte der gewaltigen Straße spazieren. Nett.

Ingesamt gefällt mir Kiew ganz gut. Einerseits von der Bausubstanz her – es gibt ziemlich viel altes, diverse Katedralen mit Zwiebelürmchen, ein Kloster, etc., andererseits durch die Lage auf den Hügeln am Dnepr. Diese stellten auch die U-Bahn-Bauer seinerzeit für ziemliche Herausforderungen, so besitzt Kiew den tiefstgelegenen U-Bahnhof der Welt.

Zur Verwirrung der Fahrgäste die vorher mit mehreren langen Rolltreppen an der Station Arsenalnaja tief in den Berg „eingefahren“ sind, kommt der Zug nur wenige Minuten nach Abfahrt in ebenjener Station ans Tageslicht und überquert auf einer Brücke den Dnjepr um dann auf der flachen Ostseite weitgehend oberirdisch zu verlaufen, das ist aber das Programm für morgen.
09.10.2016
Oder auch nicht. Mal wieder gibt es Dauerregen wie in den letzten zwei Monaten gefühlt jeden zweiten Tag. Also wird erst mal das Zimmer ausgenutzt und die Rundfahrt durch den wilden Osten Kiews auf eine Minirunde reduziert.

Nachmittags geht Zug 357 nach Rachiw. Der wohl bekannteste Zug der Ukraine, jedenfalls in Eisenbahnfreundeskreisen, fährt er doch die wunderschöne östliche Kapartenroute – und genau da soll es hingehen.
Das Ticket, eigentlich hatte ich wie immer ein oberes Bett geordert, verweist allerdings nach unten. Ob es ein Problem mit der plötzlichen Russisch-Unkenntnis in diesem Land ist?
Im Falle des Bettes gibt es eine Lösung, ein Tausch! So lande ich oben im Nachbarabteil und die Reisegemeinschaft, die nun wieder zusammengefügt ist, lädt mich als Dank spontan zu Whisky, Bier und Hähnchen ein! Slawa Ukraina!
Ich hatte ganz vergessen, dass man ja nun auch wieder „richtige“ Getränke legal mit in den Zug nehmen kann. Und so erklingt auch wieder der einst in sowjetischen Zügen allgegenwärtige Spruch: „Piwo bez Wodky jest Dengi na Weter“. Bier ohne Vodka ist Geld in den Wind…Na Zdarowie!